Forschungskolloquium 2017 an der Uni Regensburg

Aktuelle Forschungsperspektiven auf Ostbayern wurden am Mittwoch, 11.10.2017, bei einem vom Arbeitskreis Landeskunde Ostbayern (ALO) und der Akademie Ostbayern – Böhmen veranstalteten Forschungskolloquium an der Universität Regensburg vorgestellt.

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Prof. Dr. Daniel Drascek, Inhaber des Lehrstuhls für Vergleichende Kulturwissenschaft an der Universität Regensburg, begrüßte das Publikum und betonte die große Bedeutung der Kooperation zwischen dem ALO und anderen Arbeitskreisen und Verbänden, um aktuelle Forschungsprojekte umsetzen und einer breiteren Öffentlichkeit präsentieren zu können.

 

Im ersten Vortrag des Tages präsentierte Andrea Weber, Lehrbeauftragte am Lehrstuhl für Deutsche Sprachwissenschaft an der Universität Passau, ihr laufendes Dissertationsprojekt. Weber untersucht anhand von Siedlungsnamen im Altlandkreis Wolfstein beispielhaft, wie sich diese Namen zwischen sprachlicher Abschwächung, Reanalyse und Verstärkung entwickelten. Dialektale Entwicklungen spielten dabei eine immense Rolle und seien teilweise sogar alleinstehende Ebene dieser Entwicklungsprozesse, so eine These ihrer Zusammenfassung.

 

Johannes Hauer erforscht bei Prof. Dr. Bernhard Löffler, Lehrstuhlinhaber für Bayerische Landesgeschichte an der Universität Regensburg, in seinem Dissertationsprojekt die Gründungsgeschichte der Universität Regensburg von 1962 bis 1967. Als vierte bayerische Landesuniversität am 18. Juli 1962 gegründet und stark dem Reformkonzept verbunden, wurde am 6. November 1967 der Lehrbetrieb aufgenommen. 2017 begeht die Universität ihr 50-jähriges Jubiläum. Als Beispiele für heute noch existierende Aspekte des Reformuniversitätsgedankens nannte Hauer dabei die Bibliotheksorganisation (sog. Regensburger Modell) sowie das architektonische Konzept.

 

Nach der Mittagspause stellten Studierende der Vergleichenden Kulturwissenschaft an der Universität Regensburg ihre Ergebnisse des Seminarprojektes „Bäuerliches Leben in der Oberpfalz (1945 bis heute). Kultur, Wirtschaft, Geschichte“ in Form von Posterpräsentationen vor. An diesem Projekt waren zudem die Bayerische Landesgeschichte und die Wirtschaftsgeschichte der Uni Regensburg beteiligt. Die Anregung gab das Oberpfälzer Freilandmuseum Neusath-Perschen. Die vier markanten Resultate dieser studentischen Akteursstudie wurden mit dem nach wie vor sehr hohen Stellenwert der Familie, der Kritik an der medialen Darstellung der Landwirte/-wirtschaft, der Diskrepanz zwischen Experten- und Erfahrungs- bzw. Praxiswissen sowie dem hohen Stellenwert von Expertenwissen und Technik als Kapital benannt. Keiner der beteiligten Akteure an dieser Studie trauere der „guten, alten Zeit“ voll harter handwerklicher Arbeit nach; der technische Fortschritt habe definitiv vieles vereinfacht – Aussagen, die einen klaren Kontrast gegenüber urban-mythisch verklärter Landromantik in Bezug auf die bäuerliche Landwirtschaft darstellten.

 

Dass diese bäuerliche Landwirtschaft eine Erfindung der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts war, ist die zentrale These eines Forschungsprojektes von Dr. Johann Kirchinger, selbst Landwirt im Nebenerwerb und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Mittlere und Neue Kirchengeschichte an der Universität Regensburg. Erst im Zuge der Bauernbefreiung, als Bauern Eigentümer eines Hofes werden konnten und der Begriff „Bauer“ von einem rechtlichen zu einem ökonomischen Begriff wurde, bildete sich die bäuerliche Landwirtschaft im Sinne eines bäuerlichen Familienbetriebes heraus. Die Kategorien Hof als Eigentum, Familie und Arbeit bildeten dabei eine identitätsbildende Einheit, so Kirchinger, die jedoch heute immer mehr aufbreche – eine Entwicklung, die Kirchinger mit dem Begriff „Entbäuerlichung“ bezeichnet und eines der aktuellsten Merkmale der Landwirtschaft darstelle. Dem Ideal des Eigentums hänge die Landwirtschaft zwar immer noch nach, doch die Realität sehe anders aus: immer weniger Fläche, die wirkliches Eigentum sei, werde heute bewirtschaftet. Eine bäuerliche Landwirtschaft existiere für Kirchinger dabei nicht mehr.


Die Presse berichtet:

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